In der Einleitung zu diesem Thema habe ich beschrieben, warum ein effizienter Prozess zur Produkteinführung so wichtig ist, da er uns hilft, das Risiko eines Produktflops zu minimieren. Zudem wird durch einen Prozess eine gleichbleibende Qualität der Einführung gewährleistet. Die Produktentwicklung stellt in diesem Prozess den ersten Schritt dar, in dem – im optimalen Fall – aus einer Idee eine vermarktungsfähige Innovation wird. In diesem Artikel möchte ich einen Blick auf den zweiten Schritt, den Kernaktivitäten rund um die tatsächliche Einführung, werfen. Das Ergebnis dieses Prozessabschnittes und seiner vielen Teilthemen ist der erfolgreiche Launch eines Produktes bzw. einer Dienstleistung.

Die Produkteinführung als Projekt betrachtet
Der Ablauf einer Produkteinführung unterscheidet sich naturgemäß im Detail je nach Produktkategorie, Branche oder Unternehmen. So können zwei verschiedene Unternehmen mit vergleichbaren Produkten in derselben Branche unterschiedliche Einführungsabläufe haben. Neben der Organisationsstruktur wird z.B. die Fertigungstiefe den Prozessablauf entscheidend bestimmen. Ein Unternehmen mit Entwicklung und Produktion wird einem anderen Pfad folgen als ein Unternehmen, das das Produkt zukauft und handelt. Ungeachtet dessen lassen sich nach meinen Erfahrungen dennoch einige Hauptthemen identifizieren, die in Einführungen eine wesentliche Rolle spielen (sollten):
- (Projekt-) Organisation – Definition des Teams nebst Zeit- und Ressourcenplanung
- Marktanalyse – Potential-, Wettbewerbs- und Zielkundenanalysen
- Positionierung – Nutzenargumentation, Pricing und Position im Portfolio
- Systemintegration und Dokumentation – das Produkt verkaufsfähig in der Systemlandschaft abbilden
- Marketing – die Vermarktung hinsichtlich Instrumente und Kanäle festlegen
- Vertrieb – Training und Ausstattung des Vertriebs mit einem funktionalen Launch-Paket
- Tracking – Erfolgstracking des eingeführten Produktes über den kompletten Lebenszyklus
Betrachten wir die Einführung im Folgenden doch als ein Projekt im klassischen Sinn. Die komplexe Aufgabe der Einführung wird mit abgestimmten Tätigkeiten in einem zeitlich befristeten Rahmen zielgerichtet durchgeführt. Der erfolgreiche Produktlaunch markiert das Projektende.
Organisation der Einführung – das Team
Folglich ist auch im Rahmen der Produkteinführung ein Projektteam, das Produkteinführungsteam, zu definieren. Der verantwortliche Produktmanager stellt hierbei in aller Regel die Projektleitung. Er hat aufgrund seiner technischen Expertise jedoch darüber hinaus auch einige operative Aufgaben inne und ist somit gleichzeitig Teil des (Kern-) Teams. So wenig überraschend diese erste Nominierung ist, so divers wird die Zusammenstellung des restlichen Teams in der Realität sein. In Bereichen wie etwa der Pharmazie ist es sicherlich sinnvoll einen Vertreter der Zulassungsabteilung („Regulatory Affairs“) als Ansprechpartner zu benennen. In vielen Branchen existiert diese Funktion gar nicht, wobei andere Abteilungen wie beispielsweise die Fertigung oder Logistik aufgrund des Produktcharakters in den Vordergrund treten können.
Ein Plädoyer für Vertrieb und Marketing
Unabhängig hiervon plädiere ich jedoch immer für eine frühzeitige und enge Einbindung von Vertrieb und Marketing. Warum? Der Vertrieb ist schlicht der erste (interne) Kunde, der vom Produkt zu überzeugen ist. Nicht selten stehen Produkte innerhalb eines Unternehmens im Wettbewerb um die Gunst des Vertriebs. Dies bedeutet, dass der Vertrieb mit Fokus jene Produkte aktiv verkaufen wird, bei denen er das „beste Gefühl“ hat. Produkte und Dienstleistungen, die nicht überzeugen, werden auch nicht verkauft werden. Das persönliche Vertriebsziel wird dann eben mit anderen Produkten erfüllt, das neueingeführte Produkt entwickelt sich dagegen schnell zum Ladenhüter. Die Nähe während des Prozesses sorgt dafür, dass Fragen und Ansichten der Vertriebsseite direkt berücksichtigt werden, was auch dem Vertrieb Sicherheit hinsichtlich des Neuproduktes gibt. Das Einführungspaket am Ende des Prozesses wird in jedem Fall qualitativ deutlich profitieren.
Profitieren wird das Paket auch bei frühzeitiger und kontinuierlicher Einbindung des Marketings. Als Experten für Erstellung, Verarbeitung und Platzierung des Contents online wie offline ist das technische Detailwissen naturgemäß begrenzt. Dies ist unkritisch, da Expertise und Verantwortung des klassischen Marketings in anderen Bereichen liegen. Dennoch hilft es dem Marketer erfahrungsgemäß ungemein, wenn er früh die Möglichkeit bekommt, die Produkteinführung zu begleiten. Wie sehen die wesentlichen Ergebnisse der Marktanalysen aus? Welches Profil haben die Zielkunden? Gibt es Alleinstellungsmerkmale und wie sieht die Vertriebsargumentation aus? Fragen, deren Antworten entscheidend dabei helfen, die Markenbotschaft hinsichtlich des Inhaltes und des Kanals zum späteren Zeitpunkt optimal zu platzieren.
Organisation ist kein Selbstzweck
Mit geht es in diesem Punkt nicht darum, eine möglichst ausufernde Organisationsstruktur aufzusetzen, die sich gemäß Lehrbuch in Projektmeetings trifft und einem Lenkungsausschuss Rede und Antwort steht. Es geht vielmehr darum, sich als Produktmanager vorab bewusst zu machen, welche Abteilungen und damit Personen im Prozess beteiligt sind, um Arbeitspakete frühzeitig zu planen und zu kommunizieren. Eine Einführung, bei der die zu berücksichtigenden Personengruppen ad hoc einbezogen werden, wird nicht nur deutlich weniger Aussicht auf Erfolg haben, sondern vor allem für Unruhe und -mut im Unternehmen sorgen.
Die Zeit- und Ressourcenplanung ist daher in meinen Augen selbstverständliche Aufgabe des Produktmanagements. Mich irritiert immer etwas, wenn dies in einem Unternehmen nicht erfolgt, da die Gefahr besteht, dass ziellos vor sich hin entwickelt wird. Zudem sorgt der Mangel an einer Planung auch dafür, dass Produkte in der Vertriebswahrnehmung scheinbar „vom Himmel fallen“. Eine Vertriebsorganisation sollte dagegen eine konkrete Vorstellung der kurz- bis mittelfristigen Einführungen haben, um diese bereits bei der Absatzplanung zu berücksichtigen. Zudem werden in der Regel mehrere Produkte parallel eingeführt, wobei häufig die involvierten Abteilungen und Personen konstant bleiben. Allein um die Unternehmensorganisation nicht zu überlasten, ist eine Zeit- und Ressourcenplanung im Voraus absolut notwendig.
Die drei Kernfragen der Markt- und Wettbewerbsanalyse
Im Beitrag zur Produktentwicklung hatte ich unter „Markt und Machbarkeit“ das Thema Marktanalyse in der Funktion eines Filters bereits angesprochen. Und tatsächlich sollten aus dieser Stufe bereits wesentliche Erkenntnisse vorliegen, die auch in einem Business Case bereits verarbeitet wurden. Egal ob Experten- oder Kundengespräche, Branchenberichte oder Verbandsinformationen, Kundenempathiekarte oder Buyer Persona, egal welcher Ansatz oder welches Instrument benutzt wird, am Ende stehen immer die gleichen Basisfragen:
- Wer soll dieses Produkt aus welchem Grund beziehen?
- Wer bietet es noch an?
- Wie groß ist der Teil des Marktes, den man sich sichern kann?
In diesem (noch jungen) Blog wirst Du im Laufe der Zeit einige Instrumente und Ansätze in gesonderten Beiträgen vorgestellt bekommen. An dieser Stelle möchte ich nur hervorheben, dass eine befriedigende Antwort vor Einführung vorhanden sein muss, da Du ansonsten Gefahr läufst, einen der vielen Produktflops einzuführen. Folgend daher einige grundsätzliche Anmerkungen zum Thema Markt- und Wettbewerbsanalyse.
Die besondere Rolle des Vertriebs als Inputgeber
So sehr ich das Produktmanagement in vielen Bereichen in einer Bringschuld gegenüber dem Vertrieb sehe, so sehr nehme ich die Vertriebsorganisation als Inputgeber bei der Marktanalyse in die Pflicht. Die Kollegen befinden sich täglich im direkten Kontakt mit Kunden und Interessenten und stoßen folglich fast ebenso häufig auf Aktivitäten des jeweiligen Wettbewerbs.
In dem unwahrscheinlichen Fall, dass es weder Branchenanalyse noch statistische Daten noch andere quantitative Erhebungen gibt, sollte es doch zumindest immer eine Einschätzung der Vertriebskollegen für ihr verantwortetes Gebiet geben. Ein grobes Bauchgefühl, welche Kunden und Interessen in einem klar abgegrenzten Gebiet eine vergleichbare Lösung einsetzen, hilft bereits, um einen ersten Hinweis auf das Potential zu erhalten. In der Realität haben wir aber zusätzlich Zugriff auf Unmengen statistischer Daten, die von Landesämtern / dem Bundesamt oder auf europäischer Ebene seitens Eurostat erhoben werden. Es existieren Marktberichte von Banken, Verbänden oder Marktforschungsunternehmen und auch die eigenen Absatzdaten bieten zumindest für Nachfolgeprodukte eine Indikation. Niemand kann die Zukunft vorhersagen, eine belastbare Schätzung sollte angesichts der heutigen Transparenz und Vielfältigkeit der Informationsquellen jedoch ohne weiteres möglich sein.
Kundenbedürfnisse – fragen kostet nichts
Unabhängig von quantitativen Daten gilt es konkret herauszuarbeiten, wer die Zielgruppe ist und welche Bedürfnisse durch das einzuführende Produkt bedient werden. In diesem Artikel habe ich erwähnt, dass meiner Ansicht nach der Schlüssel in der Art der Frage liegt. Welche Faktoren machen Kunden erfolgreich und mit welchen Problemen sehen sie sich in ihrem Geschäft konfrontiert? Zwei beispielhafte Fragen, die Aufschluss über das Wesen der Zielkunden geben und üblicherweise in Kundenempathiekarten oder Personas verarbeitet werden. Nach meinen Erfahrungen haben sich gezielte Kundengespräche als einfache aber effektive Methode erwiesen, die gerne vom Produktmanagement während eines Tandembesuchs geführt werden dürfen. Ziel ist es, das Geschäft des Kunden mit all seinen Herausforderungen zu verstehen, um mit dem einzuführenden Produkt eben diese Herausforderungen zu bedienen. Aber auch hier gilt, dass diese Fragen zeitlich bereits im Rahmen der Produktentwicklung gestellt werden sollten, da sie einen wesentlichen Filter im Innovationsmanagement darstellen. Im Schritt der Einführung ist eine Anpassung möglich, fundamental abweichende Erkenntnisse als im Innovationsmanagement wären zumindest bedenklich.
Der gläserne Wettbewerb
Kurioserweise gewinnt man häufig das Gefühl, dass die Kenntnis des Wettbewerbs ausgeprägter als die Kenntnis der Kundenbedürfnisse ist. Zumindest ein für mich nachvollziehbarer Grund liegt in der zunehmenden Digitalisierung und der damit verbundenen Onlinepräsenz. Jede Webseite eines Wettbewerbers ist heute auch gleichzeitig Schaufenster zu seinem Produkt- und Serviceportfolio. Neben Produktkatalogen als Download oder als (oft geschützter) elektronischer Warenkorb, haben wir meist ohne nennenswerte Barrieren Zugriff auf Detailinformationen wie Produktdatenblätter, Anwendungsbeispiele oder schlicht in Marketingkampagnen verarbeitete Argumentationen. Ein gut gepflegtes CRM-System (Stichwort „Lost-Order-Analyse“), Portale wie „Wer liefert was“ und Aufmerksamkeit bei Kunden- und Messebesuchen komplettieren das Bild bezüglich der Leistungsfähigkeit des Wettbewerbs. Tatsächlich ist es auf dem digitalen und globalen Marktplatz heute beträchtlich einfacher, Wettbewerbsinformation zu sammeln, als es in der noch vergleichsweisen analogen Welt der frühen 90er-Jahre der Fall war.
Die externe Positionierung mittels Nutzenargumentation
Neben Kunden- und Wettbewerbsanalyse sollten Überlegungen zur Produktpositionierung eine Rolle im Einführungsprozess spielen, bei der ich zwischen externer und interner Positionierung unterscheide.
Bei der externen Positionierung geht es grundsätzlich darum, die Vertriebsargumentation und die späteren Marketingaktivitäten vorzubereiten. Basis stellt die Nutzenargumentation dar, in der einer Produkteigenschaft der entsprechende Kundenmehrwert gegenübergestellt wird. Alternativ können auch allgemeingültige Herausforderungen auf Kundenseite mit entsprechenden Produktmerkmalen verbunden werden. Wie kann das konkret am Beispiel eines Laptop-Bildschirms aussehen, dessen Qualität auf das Verfassen von Blogeinträgen unter freiem Himmel großen Einfluss hat?
Das Produktmerkmal des Bildschirms könnte schlicht „entspiegelter Bildschirm“ lauten und so im Katalog oder auf Kurzbeschreibung im Fachhandel stehen. In dieser Form bleibt es dem Kunden überlassen, dieses Feature mit Inhalt zu füllen und ihm einen Wert beizuordnen. Im Zweifel weiß der Kunden jedoch nichts mit dem Merkmal anzufangen und wird ihm somit auch keinen Wert beimessen. Zielführender wäre daher die direkte Verbindung mit einem Kundenmehrwert wie beispielsweise „entspiegelter Bildschirm – kaum Reflexionen auch bei direkter Sonneneinstrahlung, daher störungsfreies Arbeiten im Freien möglich“. Das Merkmal wird somit mit einem möglichen Kundenmehrwert direkt verknüpft und kommuniziert, der Mehrwert ist nachvollziehbar, die Argumentation gewinnt insgesamt an Wertigkeit.
Die interne Positionierung als Plausibilitätsprüfung
Die interne Positionierung beschreibt dagegen die Stellung, die das Produkt im bestehenden Portfolio einnimmt – und dies sowohl hinsichtlich Funktionalität als auch Preisstellung. Eine Aufgabe, die nicht zu vernachlässigen ist, da auch sie der schlüssigen Argumentation gegenüber dem Kunden dient. Zudem sorgt die Reflexion hinsichtlich der zukünftigen Position im Sortiment dafür, dass das Portfolio in sich logisch und auch preislich nachvollziehbar aufgebaut ist. Es wäre extrem ungünstig, erst nach Produktlaunch festzustellen, dass ein Produkt ein anderes ungewollt kannibalisiert. Auch Ungereimtheiten hinsichtlich des Pricings können somit noch vor Launch aufgedeckt und korrigiert werden. Im genannten Beispiel wäre es beispielsweise sinnig, Laptops mit entspiegeltem Bildschirm ceteris paribus preislich über Modellen ohne Entspiegelung anzusiedeln, um den zusätzlichen Mehrwert vom Kunden entlohnt zu bekommen.
Das Thema der internen Positionierungen können wir regelmäßig im Softwarebereich beobachten, da hier mit zunehmenden Features („Basis“ versus „Premium“) auch der Preis der jeweiligen Pakete zunimmt. Auch Automobilhersteller haben eine große Fertigkeit hinsichtlich des Pricings von Konfigurationen entwickelt, was auf einer entsprechenden Vorarbeit hinsichtlich der internen Positionierung gründet.
Systemintegration und Dokumentation
Die Produktdokumentation und die Anlage in den notwendigen Systemen haben manchmal das Stigma der „lästigen Pflicht“, sie sind jedoch essenziell, um eine später reibungslose Abwicklung zu gewährleisten.
Während die Erstellung von Produktdatenblätter und Sicherheitsdatenblätter in Teilen durch Verordnungen, wie z.B. der REACH-Verordnung gefordert werden, bleibt die Art und Weise wie das Produkt im System abgebildet wird, naturgemäß dem Unternehmen überlassen. Jeder Produktverantwortliche wird einige Beispiele für schlecht gepflegte Produktstämme kennen, die zu entsprechendem Aufwand in der Nacharbeit geführt haben. Unzulängliche Beschreibungen, Datenlücken oder unklare Informationen verursachen vermeidbaren Ärger bei Angebot und Abwicklung. In vielen Unternehmen ist zudem problematisch, dass die Informationen fragmentiert in verschieden Datenbanken durch unterschiedliche Abteilungen gepflegt werden. So findet sich eigentlich in allen mittleren bis größeren Unternehmen ein ERP-System wie beispielsweise SAP, das die wesentlichen Basisinformationen enthält. Erweiterte Produktdaten sind jedoch in anderen Datenbanken, wenn nicht sogar in einem Konglomerat aus Exceldateien abgespeichert.
Der Lösungsansatz „Produktinformationsmanagement“
In den letzten Jahren hat das Thema unter dem Stichwort „Produktinformationsmanagement (PIM)“ deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen, da elektronische Kataloge, Webshops oder auch Sortimentsstrategien möglichst eine einzige, sauber gepflegte Datenquelle benötigen. Alle produktrelevanten Daten werden zentral abgelegt und administriert, und speisen anschließend die verschiedenen Anwendungen im Unternehmen wie beispielsweise einen Webshop. Jedoch auch ohne PIM rate ich eindringlich, die Daten- und Dokumentpflege ernst zu nehmen und systemisch sauber aufzusetzen. Man erspart sich und allen anderen enormen Zusatzaufwand, wenn die Datengrundlage der eingeführten Produkte sauber gepflegt ist und Bevorratung, Verkauf sowie Abrechnung problemlos durchlaufen.
Marketing und Vertrieb
Den wichtigen Bereich des Marketings reiße ich hier nur an, da sich aufgrund Schwerpunktes dieses Blogs noch eine Reihe weiterer Beiträge hierzu an anderer Stelle finden lassen. Ich möchte aber nochmals unbedingt für die frühe Einbeziehung des Marketings im Gesamtprozess werben!
Da die Positionierung des einzuführenden Produktes auf mannigfaltige Weise geschehen kann und u.a. sowohl von der Zielsetzung als auch vom Produktcharakter abhängig ist, lässt sich hier wenig verallgemeinern. Oberstes Gebot ist jedoch, dass ein gemeinsames Verständnis über das Ziel möglicher Marketingaktivitäten besteht. Soll ein Produkt „nur“ bekannt gemacht werden? Soll das Marketing beispielsweise mit Customer Journeys den vertrieblichen Prozess unterstützen? Bieten sich eher Instrumente im Offline- oder Onlinemarketing an? Zu welchen Medien besitzt die Zielgruppe Zugang? Wird das Produkt direkt oder über den Handel oder über eine Kombination aus beidem vertrieben? Diese und weitere Fragen werden den Charakter möglicher Marketingkampagnen entscheidend prägen und sollten daher früh klar definiert und zusammen erarbeitet werden. Die Umsetzung eines fertigen Marketingkonzepts für die Produkteinführung ist sodann Teil des Launch-Pakets.
Das Vertriebspaket zum Produktlaunch
Mit Einführung des Produktes sollte der Vertrieb mit einem Paket ausgestattet werden, dass die Vertriebsaufgabe bestmöglich unterstützt. Auch hier existieren ebenso viele Varianten wie Unternehmen. Nach meinen Erfahrungen hat sich jedoch eine Basisversion herausgebildet, die den meisten Vertriebsansprüchen genügen wird. Diese Informationssammlung sollte auch die Grundlage einer möglichen internen Schulung darstellen, in denen der Vertrieb vor Launch mit dem Produkt vertraut gemacht wird. Vertrieb schließt im Übrigen hier ebenfalls z.B. ein Händlernetz ein, sofern die Produkte nicht nur direkt vertrieben werden. Und Schulung bedeutet in einer zunehmend digitalisierten Welt nicht unbedingt die Präsenzveranstaltung vor Ort, was mitunter die Organisation extrem belasten kann. Videos, Webmeetings etc. haben sich als ressourceneffiziente Lösungen erwiesen, um Informationen einem großen Verteilerkreis zugänglich zu machen, sofern die Komplexität des Themas es zulässt.
Themen des Informationspaketes
In den bisherigen Produktorganisation habe ich persönlich gute Erfahrungen mit einem Informationspaket gemacht, das zumindest folgende Kapitel enthält:
- Einleitung in Form eines Fact Sheets
Als vorangestellte Zusammenfassung eine kurze Erläuterung von Produkteigenschaft, Zielgruppe, Kundenmehrwert etc., die einen schnellen Überblick bietet und auf die folgenden Detailbeschreibungen vorbereitet. - Produktbeschreibung
Eine Detailbeschreibung aus einer technischen Sichtweise, die über Funktionen und Funktionsweisen informiert. Hier werden auch Schlüsselfunktionen bzw. USPs prominent herausgestellt. Wenn gesetzliche Besonderheiten existieren, dann passt auch dies thematisch hier rein. - Interne Positionierung
Welche Stellung nimmt das neue Produkt im bestehenden Sortiment hinsichtlich Funktionalität und Preis ein? Das Kapitel bietet auch Gelegenheit, direkt auf die systemische Abbildung, wie z.B. Artikelnummern einzugehen. Gibt es preisliche Besonderheiten wie beispielsweise Staffelpreise? Wie sehen Zubehör und Serviceleistungen aus? Themen, auf die man gut an dieser Stelle eingehen kann! - Nutzenargumentation
Kundenmehrwert und -nutzen sowie die Beschreibung der dazugehörigen Argumentationslinien bilden den Inhalt dieses Teils. Ein weiteres Mal die Möglichkeit, ein Alleinstellungsmerkmal hervorzuheben, aber auch Gelegenheit, das wichtige Thema der Einwandbehandlung zu bearbeiten. - Wettbewerbsübersicht
Welche Wettbewerber existieren mit welchen direkten Wettbewerbsprodukten am Markt? Wo liegen Vorteile aber auch mögliche Nachteile? Letztere sind natürlich wieder mit entsprechenden Argumentationsansätzen zu versehen! - Zielgruppenanalyse
Wie sieht die Zielgruppe / Branche bzw. der typische Anwender aus? Was charakterisiert sein Geschäft, was treibt ihn um? - Marketingaktivitäten
Hier wird ein Überblick über das begleitende Marketingmaterial bzw. über eine mögliche Kampagne gegeben. Wie erscheint das Produkt off- wie online? Sind Leadgenerierung und -qualifizierung Themen? - Kontaktinformationen
Dies wirkt auf den ersten Blick trivial, ist aber aufgrund zunehmend komplexer Unternehmensorganisationen sinnvoll. Wer sind die Ansprechpartner in Produktmanagement, Support, Innendienst o.ä.? Meist wird vorausgesetzt, dass Verantwortlichkeiten jedem klar sind, was aber häufig eben nicht der Fall ist!
Ein Paket, dass diese Informationen verständlich aufbereitet, sollte jeder Vertriebsorganisation ermöglichen, nach Launch aktiv auf Kunden und Interessenten zuzugehen. Der Erfolg ist dennoch nicht garantiert, vielmehr bedarf es gerade am Anfang eines engmaschigen Trackings der Absatzentwicklung.
Reporting als Frühwarnsystem
Natürlich ist der Produkterfolg anhand geeigneter Kennzahlen zeitlich eng nachzuvollziehen. Üblich ist auch heute noch das Reporting von Absatz und Umsatz, wobei ich persönlich der Profitabilität gegenüber dem Umsatz (dem begrenzt aussagekräftigem Produkt aus Preis und Menge) den Vorzug gebe. Da initial geschätzte Potentialdaten vorliegen sollten, macht es Sinn, die Abweichung zwischen Ist und Plan gerade am Anfang in kurzen Zeitabständen zu tracken. Entwickelt sich das Produkt erwartungsgemäß? Wenn nicht, dann sollte sofort eine Ursachenanalyse betrieben werden, um geeignete Gegenmaßnahmen einzusteuern. Ich habe hier bereits einige Anmerkungen zum Lebenszyklus eines Produktes gemacht und darauf hingewiesen, dass das Produktmanagement nach Launch nicht aus der Verantwortung entlassen ist. Ein kontinuierliches Monitoring ist entscheidend, um in den nachfolgenden Lebensphasen geeignete Maßnahmen auch hinsichtlich des Marketings zu treffen. Gerade dem Ende des Lebenszyklus, der Degeneration, wird häufig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, wodurch Abkündigungen verpasst werden und das Sortiment zu Lasten des Unternehmensergebnisses ausufert.

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