Employer Branding, Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Employer Branding – Kununu, eine vergebene Chance?

Employer Branding hat die Positionierung des Unternehmens als glaubwürdigen und attraktiven Arbeitgeber zum Ziel. So die verkürzte Wiedergabe der Definition aus dem Manifest der Deutschen Employer Branding Akademie. Methoden und Instrumente des Marketings insbesondere auch im Bereich Social Media sollen helfen, ein Unternehmen als Marke zu positionieren. Kununu hat sich in den letzten Jahren zu einem Schwergewicht im Bereich der Arbeitgeberbewertungen entwickelt und stellt damit einen wichtigen Baustein in diesem Kosmos dar. Auffällig ist jedoch, dass Unternehmen heute kaum ihr Potential abrufen, da die im Social Media so wesentliche Interaktion nur in Ausnahmen stattfindet.

Social Media ohne Interaktion gibt es nicht

Social Media ohne den Austausch von Nutzern untereinander kann es per Definition nicht geben. Während in den 90er-Jahren die Interaktion im Web meist Foren vorbehalten war, veränderte sich diese mit Gründung von Plattformen wie ehemals MySpace und darauffolgend Facebook, Twitter oder Instagram Anfang der 2000er entscheidend. Die Plattformen haben sich heute zu Kommunikationsinstrumenten entwickelt, über die allein in Deutschland Millonen Nutzer täglich Beiträge posten, kommentieren und werten.

Für Unternehmen ist die Bedeutung der Social Media-Kanäle entsprechend groß. Zum einen gewährleistet die schiere Menge von häufig mehrfach vernetzten Nutzer die schnelle und exponentielle Verbreitung von Inhalten, zum anderen lassen sich Werbemaßnahmen aufgrund der detaillierten Nutzerprofile passgenau auf frei definierbare Empfängergruppen abstimmen. Likes und Weiterempfehlungen lösen die Grenzen zwischen Werbebotschaft und eigener Meinung auf, die Analysemöglichkeiten des Nutzerverhaltens sind zahlreich und sorgen für eine nie dagewesene Kundentransparenz. Von besonderer Bedeutung ist jedoch der Austausch via Kommentare. Quasi ein Kundengespräch light, per Mausklick auf den Punkt gebracht, ohne Anreise und Wartezeiten, direkt und unmittelbar.

Kununu als Social Media-Plattform

Dies gilt auch für die 2007 in Wien gegründet Onlineplattform Kununu, die mittlerweile zu New Work SE gehört (siehe auch Xing). Auf Kununu bewerten Arbeitnehmer und Bewerber anonym ihre Arbeitgeber. Sobald eine Mindestanzahl von Bewertungen mit einem bestimmten Durchschnitt vorliegt (und ein niedriger dreistelliger Betrag in die sogenannte Toolbox investiert wird), kann sich das bewertete Unternehmen mit dem Gütesigel „Top Company“ schmücken. Die Nutzung des Siegels wird im Rahmen des Employer Brandings in der Innen- und Außenkommunikation gerne genutzt. Laut Kununu haben sich bisher rund 5,8% der bewerteten Unternehmen für dieses Siegel qualifiziert.

Kununu ist als Plattform im deutschsprachigen Raum bekannt. Es wird kaum Bewerber geben, die im Bewerbungsprozess nicht einen Blick auf den potenziell zukünftigen Arbeitgeber und dessen Bewertungen werfen werden, was Kununu als Social Media-Plattform in diesem Bereich entsprechend Bedeutung verleiht.

Warum eine „Top Company“ eigentlich auch eine „Open Company“ sein müsste

Wenn wir den Blick nochmals auf die Auszeichnungen werfen, ist in meinen Augen das Siegel „Open Company“ das wesentlich interessantere. Gemäß Kununu müssen für dieses drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Unternehmen lädt die Mitarbeiter zur Bewertung ein,
  • es gewährt mittels Firmenprofil einen Einblick in den Alltag und
  • es werden Bewertungen seitens des Unternehmens kommentiert.

Letzterer ist der Punkt, auf den es ankommt, da in dieser Voraussetzung die Idee der sozialen Netzwerke begründet ist. Wenn ein Unternehmen Employer Branding mittels Social Media ernst nimmt, dann muss es mit den Nutzern interagieren, denn dies ist genau das, was Social Media charakterisiert.

Überraschend ist, dass laut eigenem Statement nur rd. 1% der bewerteten Unternehmen auf Kununu dieses Siegel erworben haben. Auch mit einer gewissen Unschärfe (nicht jeder scheint in besagte Toolbox zu investieren) ist somit offensichtlich, dass in der Regel kein Austausch stattfindet. Wer sich auf der Plattform umschaut, wird auch selbst das Gefühl gewinnen, dass Kommentare der Arbeitgeber die Ausnahme sind, während sich zumindest die Eigendarstellung mittels Firmenprofil doch als Standard bei größeren Unternehmen etabliert hat.

Übertragen wir dies auf ein kleines Geschäftslokal – vielleicht auf einen Friseur, der auf Facebook seine Dienstleistungen bewirbt. Kunden kommentieren ihre Erfahrungen und stellen Fragen zu dem Angebot und der Friseur antwortet … nie. Die auch potenziellen Kunden hätten zu Recht das Gefühl, dass ihnen keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Auswirkungen auf Kundenzufriedenheit und -loyalität sind zwangsläufig, ebenso wie die unmittelbaren Auswirkungen auf das Kaufverhalten.

Satzbausteine sind keine Interaktion

Die Konsequenz ist daher offensichtlich: Personaler und Marketers müssen im Rahmen des Employer Brandings ihren Fokus auf den Austausch mit Nutzern richten. Eine wirkliche „Top Company“ zeichnet eben auch aus, dass sie Kritik annimmt, reflektiert und in Lösungsansätze übersetzt. Momentan liegt dieses Feld brach, wodurch die Schlagkraft des Employer Brandings in wesentlichen Teilen verpufft.

Natürlich gilt für die Interaktion, dass diese wertschätzend und authentisch sein sollte. Was auf den ersten Blick selbstverständlich erscheint, wartet in der Praxis mit einigen potenziellen Fettnäpfchen auf. Eine formalisierte Antwort aus dem Satzbaukasten á la „vielen Dank für Dein Feedback, wir bedauern Deine Kritik, mit besten Grüßen bis dahin“ ist fast schlimmer als Nichtkommunikation. Bei jedem Leser kommt genau das an, was hinter dieser Reaktion wirklich steht: Desinteresse und keine Bereitschaft, sich mit einer anderen Meinung auseinanderzusetzen. Es wird weder Wertschätzung noch Interesse in Reaktionen transportiert, die wortwörtlich beständig wiederholt werden. Daran ändern auch die blumigsten Formulierungen nichts. Warum nicht besser in wenigen Sätzen für das Feedback danken, den kritisierten Punkt nochmals herausstellen und die interne Nachverfolgung in Aussicht stellen?

Vielen Dank für das Lob! Kritik? Welche Kritik?

Schwierig ist auch, nur punktuell für positive Bewertungen zu danken und die übrigen Wertungen weitestgehend zu ignorieren. Es ist richtig, dass im Bereich Social Media genau wie im richtigen Leben ein Dankeschön höflich und wertschätzend ist. Der Eindruck kehrt sich jedoch ins Gegenteil, wenn offensichtlich Rosinenpicken betrieben wird. Selbst wenn nicht alles kommentiert wird, sollte zumindest eine Gleichmäßigkeit erkennbar sein. Aufgrund der im Schnitt überschaubaren zweistelligen Anzahl an Bewertungen, sollten Zeit- und Ressourcenprobleme keine Gründe sein, die einem flächendeckenden Austausch entgegenstehen. Die meisten Wertungen erfolgen sporadisch und nicht en bloc, so dass eine ebenfalls kontinuierliche Bearbeitung selbst in Stressphasen möglich sein sollte.

Hurra, der Trainee ist da!

Der Trainee / Azubi / Praktikant / Werksstudent ist endlich da, wäre doch eine schöne Aufgabe, wenn sie oder er hier direkt tätig wird.
Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, da in meiner Wahrnehmung Mitarbeiter aus den genannten Beschäftigungsverhältnissen keine Arbeitskräfte zweiter Klasse sind. Kritisch finde ich jedoch, wenn diese Aufgabe ausschließlich an wechselnde Personen mit begrenzter Einsatzdauer vergeben wird. Es stellt sich in diesem Fall fast zwangsläufig die Frage, warum das Stammpersonal sich dieser Aufgabe nicht annimmt. Zudem ist diese Aufgabe eine verantwortungsvolle, die einer vernünftigen Einarbeitung im Vorfeld bedarf. Wenn dies gegeben ist, dann spricht nichts gegen den Einsatz von temporären Kollegen/-innen. Wenn es nur darum geht, eine ungeliebte Aufgabe zu delegieren und ansonsten keine Aktivität erkennbar ist, dann gilt auch hier, dass keine Aktion wahrscheinlich weniger Schaden anrichten würde.

Der persönliche Austausch

„Vielen Dank für Dein Feedback, gerne stehe ich für ein persönliches Gespräch zur Verfügung, um Deine Kritik zu diskutieren.“ Dies liest man so oder so ähnlich häufig in Kommentaren, fast ein Klassiker der Interaktion auf Kununu. Und ja, das persönliche Gespräch ist fast immer und überall der richtige Weg, um Irritationen auszuräumen. Nur bei einer Arbeitgeberbewertung mittels Kununu, die in diesen Fällen kritisch sein dürfte, habe ich meine Zweifel. Warum? Die Anonymität mag in Teilen überzogene Kritik oder einen ätzenden Ton befördern, was sie jedoch in jedem Fall ermöglicht, ist, dass eine Meinung überhaupt geäußert wird. Allen Teambuildingmaßnahmen und kommunizierten Werten zum Trotz sind sich die meisten Beschäftigten im Klaren, dass „der Arbeitgeber“ (als Kollektiv) und „der Arbeitnehmer“ (als Individuum) nicht auf Augenhöhe agieren. Ich möchte nicht ausschließen, dass vereinzelt das Angebot eines persönlichen Gesprächs angenommen wird, die Regel wird es jedoch nicht sein. Warum sollte man dann ein Angebot machen, dass nicht angenommen wird? In einer normalen Kundenbeziehung geschieht dies immer dann, wenn man den Zuschlag nicht erhalten, sondern nur der Erwartungshaltung des Kunden entsprechen möchte. Im Austausch mit Arbeitnehmern unter dem Gesichtspunkt des Employer Brandings ist dies keine empfehlenswerte Strategie.

Ein Appell an Human Resources und Marketing

Die Nutzung der gängigen Social Media-Kanäle ist im Employer Branding mittlerweile gesetzt. Dies bedeutet jedoch auch, dass eine beidseitige Kommunikation zwischen Unternehmen und Arbeitnehmer bzw. potenziellem Arbeitnehmer ebenfalls Pflicht ist, da soziale Netzwerke ohne Interaktion schlicht nicht funktionieren. Daher kann ich nur empfehlen, den Weg auch richtig zu gehen, wenn man sich entschieden hat, auf Bewertungsplattformen aktiv präsent zu sein. Authentische und wertschätzende Kommunikation bedeutet unter anderem, Kritik im ersten Schritt anzunehmen – selbst wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht nachvollziehbar sein mag. Ein Feedback impliziert immer, dass dem Beurteilenden eine Situation eben nicht egal ist.

Es gibt jedoch auch mehrere Gründe, keine Meinung zu äußern, Desinteresse ist einer davon – und dies gilt auch für die Nichtreaktion des beurteilten Unternehmens. Daher, eine kurze Rückmeldung, die Dank und Interesse auch an der gegenläufigen Meinung ausdrückt, sollte die Mindestanforderung an sich selbst sein. Natürlich ist im Anschluss verantwortungsvoll mit der Kritik weiterzuarbeiten. Dies ist nicht immer einfach, jedoch eine notwendige wertvolle Investition in Betriebsklima und auch Markenbildung!

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