Die Kenntnis des Marktes, in dem man sich bewegt, ist unverhandelbare Voraussetzung jeglichen unternehmerischen Handelns. Vertrieb, Produktmanagement und Marketing sind nur drei Funktionen, deren tagtägliche Arbeit auf dem Fundament der Marktkenntnis aufbaut. Ob im Rahmen der Produktentwicklung oder –einführung oder in Form der analytischen Grundfragen im Bereich des Strategischen Marketings sind Daten und Einsichten zu relevanten Märkten notwendige Informationen, um zielgerichtete Entscheidungen zu treffen. Jedoch, wie gelangt man an diese Informationen? Welche Quellen stehen zur Verfügung? Wie kann eine systematische Aufbereitung aussehen? Fragen, die dieser Beitrag im Folgenden anhand von Praxiserfahrungen beantworten möchte.
Ein wenig Theorie und Begriffsklärung vorweg
Was ist eigentlich Marktforschung? Der Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V. definiert auf seiner Webpräsenz wie folgt:
Sie [die Marktforschung] betreibt mit angemessenen, wissenschaftlich gesicherten und überprüfbaren Methoden Forschung, um Informationen über wirtschaftliche, soziale und sozial-psychologische Tatbestände, Zusammenhänge und Entwicklungen zu gewinnen. Die so erhaltenen Erkenntnisse unterstützen Unternehmen wie Institutionen maßgeblich bei der Planung und Entscheidungsoptimierung.
Quelle: Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V.
Kurz gesagt bezeichnet Marktforschung somit die systematische Sammlung, Aufbereitung, Analyse und Interpretation von Daten zum Zweck der Informationsgewinnung und Entscheidung. Die Lehre bedient sich vieler weiterer Merkmale, anhand derer Marktforschung klassifiziert wird. Ich möchte im Rahmen dieses Artikels lediglich den praxisrelevanten Unterschied zwischen Primär- und Sekundärforschung herausstellen:
Die Primärforschung bezeichnet die direkte Datenerhebung im Feld beispielsweise durch Interviews, Befragungen oder Gruppendiskussionen. Die Stichprobengröße kann von wenigen Einzelinterviews bis hin zu mehreren Tausend Erhebungen reichen. Aufgrund des Aufwands wird man im betrieblichen Alltag für die Primärforschung im großen Stil entsprechende Dienstleister oder Institute beauftragen. Aber auch durch das Unternehmen selbst geführte Expertengespräche während Messen bis hin zu Kundenzufriedenheitsbefragungen sind der Primärforschung zuzuordnen.
Die Sekundärforschung gewinnt ihre Informationen dagegen aus bereits erhobenen und verarbeiteten Daten. Da sie im Gegensatz zur Primärforschung quasi vom Schreibtisch aus betrieben werden kann, hat sich hierfür auch im deutschsprachigen Raum der englische Begriff „Desk Research“ etabliert. Als Datenquellen können unternehmensinterne Daten, wie z.B. Umsatzstatistiken, Reports des CRM-Systems aber vor allem auch externe Quellen wie Berichte von Statistischen Ämtern, Banken etc. dienen.
Im Alltag wird man meist einen Mix aus Primär- und Sekundärforschung finden. Grundlegende Branchenmechanismen werden mittels der Sekundärforschung identifiziert, während Interviews zwecks Validierung oder zur Beantwortung gezielter Fragen eingesetzt werden.
Strukturiertes Vorgehen empfohlen
Unabhängig davon, ob man ein umfängliches Marktforschungsprojekt mit einem Drittanbieter aufsetzt oder sich als Produktmanager/-in einen Überblick über eine bestimmte Branche verschaffen möchte, sollte man sich nicht nur das Ziel, sondern auch das Vorgehen und die abschließende Präsentation im Voraus bewusst machen. Als Leitlinie können die sogenannten „5 Ds der Marktforschung“ dienen, die den einzelnen Phasen eines Marktforschungsprojektes entsprechen.
- D wie Definition – Was möchte ich erreichen? Gerade auch in Zusammenarbeit mit Instituten ist die Definition des Ziels ein absolutes Muss. In der Abschlusspräsentation oder dem Bericht werden naturgemäß nur Fragen beantwortet, die am Anfang auch gestellt wurden.
- D wie Design – Anschließend werden die methodischen Ansätze gewählt, die geeignet sind, das gesetzte Ziel zu erreichen. Welche Daten werden mittels Sekundärforschung erhoben? Mit welchen Instrumente der Primärforschung wird gearbeitet? Welche Zielpersonen werden befragt? Sofern z.B. Interviews durchgeführt werden sollen, wird in dieser Phase ebenfalls die Ausarbeitung des Fragebogens stattfinden. Ein Institut wird intern nochmals deutlich feingliedriger planen. So wird es sich auch mit Fragen bezüglich Stichprobengröße, Art und Modus der Auswertung etc. beschäftigen.
- D wie Datengewinnung – Nun findet die eigentliche marktforscherische Tätigkeit statt. Interviews werden durchgeführt, Berichte werden gesammelt und gelesen, Datenbanken werden gefüllt. Schriftliche, telefonisch oder internetbasierte Erhebungen sind ebenso möglich wie Einmal- oder Panelbefragungen (Befragung eines fixen Personenkreises). Grenzen setzen eigentlich nur die Eignung einer Methodik und das zur Verfügung stehende Budget. Sofern es sich nicht um ein abgeschlossenes Marktforschungsprojekt (mit externer Begleitung) im engeren Sinne handelt, kann die Datengewinnung auch zur Aufgabe im Tagesgeschäft werden. Denkbar wäre z.B. die kontinuierliche Sammlung von Marktaussagen via Google Alerts (siehe unten) oder ähnlich einfacher Instrumente.
- D wie Datenanalyse – Die Analyse bedient sich je nach Art und Umfang der Daten sowie der Fragestellung unterschiedlichster wissenschaftlicher Auswertungsmethoden. Eher einfache Analysen wie eine Häufigkeitsermittlung sind ebenso möglich wie multivariante Verfahren, zu denen z.B. die Conjoint-Analyse zählt. Unabhängig vom Verfahren ist es das Ziel, aus dem vorliegenden Datenpool verdichtete, nachvollziehbare und gültige Aussagen zu erhalten.
- D wie Dokumentation – Die Erstellung eines Abschlussberichtes und entsprechende Präsentation bilden den Schlusspunkt des Marktforschungsprojektes. Der Bericht enthält in aller Regel die Aufgabenstellung, das Set-Up des Forschungsprojektes sowie die entsprechenden Erkenntnisse ergänzend um einen Tabellenband.
Einsatz der Primär- und Sekundärforschung im täglichen Geschäft
Wie bereits erwähnt ist ein gängiges Szenario, sich als Produktmanager/-in über die Mechanismen der Zielbranchen zu informieren, in denen die eigenen Produkte und Dienstleistungen vermarktet werden sollen. Das Aufsetzen eines umfangreichen Marktforschungsprojektes mit Beteiligung Dritter wird hier eher selten das Mittel der Wahl sein.
Realistisch wird man versuchen, sich mittels frei zugänglicher Publikationen sowie externer und interner Daten über die Zielbranchen zu informieren (Sekundärforschung). Das Gespräch mit internen Experten und ausgewählten Kunden (Primärforschung) rundet das Wissenspaket ab. Eine Verdichtung der wesentlichen Erkenntnisse z.B. als Kurzpräsentation wird dann einen wiederkehrenden Teil von Einführungsunterlagen, Vertriebsinformationen oder strategischen Überlegungen bilden.
Tatsächlich konnte ich mitunter eine gewisse Verunsicherung beobachten, wenn es um die Recherche von Marktinformationen ging. Auf den ersten Blick paradox, wenn man bedenkt, dass wir insbesondere aufgrund des Internets noch nie so direkt und mit minimalem Aufwand auf einen schier unerschöpflichen Wissenspool zugreifen konnten. Aber, die Kehrseite der Medaille ist, dass die Menge der Informationen und der Mangel an Struktur im ersten Schritt tatsächlich überfordern können. Zudem fällt es zunehmend schwer, die Seriosität der Daten zu bewerten, da es keine nennenswerten Hürden für die digitale Veröffentlichung gibt.
Ich möchte daher im Folgenden einige mögliche Quellen hervorheben, die nach meinen Erfahrungen seriöse Daten und Berichte kostenlos oder zumindest mit geringem finanziellem Aufwand zur Verfügung stellen. Natürlich erhebt die Auswahl keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Für Anregungen bezüglich möglicher Quellen in den Kommentaren oder per Mail bin ich wie immer dankbar!
Statistische Ämter – verlässliche Quellen der Sekundärforschung
Den Startpunkt bilden statistische Kennzahlen wie z.B. das Produktionsvolumen, die helfen, die betrachtete Branche in einen gesamtwirtschaftlichen Kontext zu setzen. Häufig bilden die Beschreibung von Struktur- und Konjunkturdaten daher die Einleitung einer Branchenbetrachtung. Sie vermitteln ein erstes Gefühl hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung und wesentlicher Strukturen.
Als verlässliche Quelle dienen seit jeher statistische Institutionen wie das Statistische Bundesamt der Bundesrepublik Deutschland, dessen Aufgabe es ist, objektive, unabhängige und qualitativ hochwertige Informationen bereitzustellen. Dieser Service steht nicht nur der Politik oder der Verwaltung zur Verfügung, sondern richtet sich auch an Wirtschaftsunternehmen und Bürger/-innen. Seit 2006 wird diesem Versorgungsanspruch auch dadurch Rechnung getragen, in dem die publizierten Informationen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Somit hat Jedermann kostenfreien Zugriff auf rd. 300 Statistiken mit rd. 1,1 Milliarden (!) verfügbaren Werten. In diesem Angebot sollte daher jeder geeignete Wirtschaftsdaten für sein Marktforschungsprojekt finden.
Navigation und Download der Daten mittels der Datenbank Genesis sind selbsterklärend, Du findest dennoch eine Kurzanleitung in diesem Artikel verlinkt. Schwieriger ist meist, die zielführende Statistik unter all den gebotenen Möglichkeiten zu finden. Da zu jeder Statistik Beschreibungen geliefert werden und natürlich immer die Möglichkeit besteht, schnell eine Beispielauswertung zu erstellen, wird sich im Laufe der Zeit ein persönliches Set an Standardauswertungen bilden. So gehört beispielsweise die Tabelle „Beschäftigte und Umsatz der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe: Deutschland, Jahre, Wirtschaftszweige“ zu meinem Set, da sie einen schnellen Überblick über Konjunkturdaten einzelner Branchen ermöglicht. Zudem ist es ratsam, in Veröffentlichungen Dritter stets einen Blick auf die Quelle zu werfen. Die Nennung spezifischer Tabellen oder Fachserien können als Inspiration für eigene Recherchen dienen.
Für Informationen mit europäischen Zuschnitt steht mit Eurostat ein entsprechendes Angebot der Europäischen Union zur Verfügung. Auch hier wird jedem kostenfreier Zugriff auf die Meldungen der europäischen Mitgliedsländer ermöglicht. Navigation aber auch Herausforderungen hinsichtlich Orientierung im Datendschungel gelten analog. Sollten Recherchen für andere Kontinente notwendig sein, so stellen die einzelnen Länder meist ein vergleichbares Angebot zur Verfügung. Datentiefe und – umfang können natürlich variieren. Das Statistische Bundesamt führt im „Statistischen Adressbuch“ Links zu den einzelnen Institutionen außerhalb der EU auf.
STATISTA – die privatwirtschaftliche Variante
Eine Sonderrolle spielt das zunehmend beliebte Statistikportal STATISTA, da es sich hier um ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit kostenpflichtigem Angebot handelt. Nach Eigenaussage bietet das 2007 in Hamburg gegründete Unternehmen Zugriff auf 1.000.000 Daten und Fakten aus 22.500 Quellen. Eigene Marktstudien und die Möglichkeit, Recherchen zu beauftragen, ergänzen das Angebot, das 2 Mio. registrierte Nutzer und 12 Mio. Besucher monatlich nutzen.
Ich selbst hatte eine Zeitlang im Rahmen eines „Corporate-Accounts“ Zugriff auf den kostenpflichtigen Bereich. Angebot und Service waren durchaus gut, auch wenn der Datenbestand mir eher bei globalen als bei speziellen Fragestellungen geholfen hat. Durch Nennung der Quellen und internen Qualitätschecks ist Seriosität definitiv gegeben. Ich kann jedoch auch die häufig geäußerte Kritik bezüglich der Preisstruktur des Angebots nachvollziehen. Gerade angesichts des umfangreichen kostenlosen Angebots der beschriebenen Institutionen, die immerhin ebenfalls als Quelle dienen. Am Ende bleibt es natürlich eine persönliche Kosten-Nutzen-Abwägung, ob die Anzahl der Anfragen einen hohen vierstelligen Betrag (Corporate-Account) pro Jahr rechtfertigen.
Wirtschaftsverbände – Interessenvertretungen nah am Geschehen
Wirtschaftsverbände sind Vereinigungen von Mitgliedsunternehmen, die die Interessen der Mitglieder gegenüber staatlichen Stellen vertreten. Zudem werden häufig Standards technischer oder rechtlicher Art in Ausschüssen erarbeitet, die sodann richtungsweisend für die gesamte Branche sind. Als Quelle der Sekundärmarktforschung sind Wirtschaftsverbände aus mehreren Gründen interessant.
Zum einen unterstützen Verbände ihre Mitglieder ebenfalls mit Marktforschung, konjunkturellen Erhebungen und Stimmungsbildern. Detailergebnisse sind zwar meist exklusiv den Mitgliedern vorbehalten, aufgrund der notwendigen Öffentlichkeitsarbeit können jedoch zumindest verdichtete Ergebnisse auch von Interessenten außerhalb des Verbandes recherchiert werden. Da nicht selten wesentliche Erkenntnisse auf der Befragung der Mitgliedsunternehmen beruhen, ergibt sich ein zusätzlicher Blickwinkel, der neben den zuvor beschriebenen statistischen Daten genutzt werden kann.
Als Treiber bei der Formulierung von technischen oder rechtlichen Standards beschäftigen sich Verbände naturgemäß auch mit den jeweiligen Trends des Wirtschaftszweiges. Gerade auch aufgrund der gewollten politischen Einflussnahme, werden häufig mittel- bis langfristige Trends kommuniziert, die etwa in STEP- oder SWOT-Analysen verarbeitet werden können.
Nicht zuletzt bieten die Mitgliederverzeichnisse, die via Webpräsenz überwiegend öffentlich zugänglich sind, eine Übersicht der wesentlichen Player auf Anbieterseite. So lässt sich mit überschaubarem Aufwand eine recht genaue Branchenstruktur aufzeichnen, die Du mittels Informationen aus Wirtschaftsauskunfteien, Quellen wie etwa Messeverzeichnissen oder gezielten Webrecherchen anreichern kannst.
Verbände sind somit eine wichtige Quelle der Sekundärforschung und sollten bei jeder Branchen- oder Marktbetrachtung berücksichtigt werden. Es gilt jedoch im Hinterkopf zu halten, dass ein Verband eine Interessensgemeinschaft ist. Die veröffentlichten Informationen (insbesondere Forderungen an die Politik) sind nicht immer unbedingt durch Neutralität geprägt. Die Organisation „Deutsches Verbände Forum“ stellt eine Linkliste von rd. 14.000 Verbänden und ähnlichen Organisationen zur Verfügung. Natürlich führt die Nutzung der üblichen Suchmaschinen ebenfalls zum Erfolg.
Große mediale Präsenz genießen die sogenannten Dachverbände, die wiederum den Zusammenschluss von Wirtschaftsverbänden darstellen. Als ein Beispiel sei der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) genannt, der wiederum rund 40 Branchenverbände vertritt. Aufgrund der Heterogenität der Mitgliedsverbände liegt der Fokus der Veröffentlichungen klar auf Megatrends wie Digitalisierung oder Mobilität und makroökonomischen Kennzahlen. Branchenspezifische Informationen sind wie beschrieben daher bei den jeweiligen Wirtschaftsverbänden zu suchen.
Banken, Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften
Im Rahmen der Kundenloyalitätsbefragung „Net Promoter Score“ ist bereits der Name Bain & Company als Beratungsgesellschaft gefallen. Auch die Boston Consulting Group und McKinsey sind Dir in diesem Blog bereits im Rahmen der Portfolioanalyse begegnet. Es gibt viele weitere kleinere und größere Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften, denen gemein ist, dass sie häufig frei zugänglich Marktstudien und Dossiers zu ausgewählten Branchen und Themen bereitstellen. Gleiches gilt für die großen Geldinstitute und mitunter auch für Versicherungen. Diese Berichte zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus, decken jedoch meist nur Hauptbranchen wie beispielsweise die Automobilindustrie oder Megathemen wie „Digitalisierung“ ab. Wenn man in diesen Bereichen forscht, dann sind die besagten Institute exzellente Anlaufstellen für fundierte Analyse und Newsletter, die in aller Regel kostenfrei erhältlich sind.
Möchte man sich jedoch mit Teilbranchen wie etwa mit den „Hersteller von Schlössern und Beschlägen“ auseinandersetzen, wird man selten spezifische Informationen finden. Ausnahmen bilden hier Brancheninformationen, die für Existenzgründungen z.B. seitens der Volks- und Raiffeisenbanken oder der Sparkassen zur Verfügung gestellt werden, da hier deutlich mehr Branchen betrachtet werden. Dennoch, ein Blick lohnt sich unabhängig vom Marktforschungsobjekt in jedem Fall. Einige ausgewählte Webpräsenzen finden sich in der (nicht erschöpfenden) Übersicht der Quellen für Branchen- und Marktinformationen.
Und das ist noch lange nicht alles…
Neben den beschriebenen Anlaufstellen gibt es noch eine Reihe weiterer Quellen, die Daten und Fakten zu Wirtschaftsthemen aller Art zur Verfügung stellen. Wirtschaftsforschungsinstitute wie das Institut für Weltwirtschaft (IfW) oder das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) stehen hier stellvertretend für eine erhebliche Anzahl ähnlicher Einrichtungen. Hinzu kommen universitäre Institute wie beispielsweise das in der Presse häufig zitierte Center Automotive Research (CAR) – Institut der Universität Duisburg-Essen. Bis auf den Letztgenannten, der sich dezidiert mit der Automobilindustrie auseinandersetzt, lassen sich bei den Wirtschaftsforschungsinstituten vor allem Konjunkturberichte und Positionspapiere zu den großen gesellschaftspolitischen und makroökonomischen Themen finden.
Konkret auf Themen einer Branche gehen dagegen Fachzeitschriften ein, die es gefühlt nahezu für jeden Wirtschaftszweig gibt. Jeder wird die Zeitschriftenstapel kennen, die mitunter in Unternehmen kreisen. Ein Mix aus Abos und Belegexemplaren, für deren Studium im betrieblichen Arbeitsalltag gefühlt meist nicht genug bis keine Zeit vorhanden ist. Als Quelle der Sekundärforschung sind sie dagegen nahezu unersetzlich. Je nach Verlagsgröße bieten die mit den Zeitschriften verbundenen Onlinepräsenzen bereits viele branchenspezifische Informationen. Das Angebot reicht hier von A wie Agrartechnik bis Z wie Zahntechnik. Neben der obligatorischen Suche via Google oder Bing kann man sich auch auf dem Portal „Fachzeitungen.de“ einen Überblick verschaffen. Die äußerst umfängliche Übersicht wird mit Informationen zu Auflagenhöhe, Bezugspreisen und Erscheinungsturnus ergänzt. Somit ist ein Blick auch für Kollegen/-innen des Offline-Marketings interessant.
Definitiv empfiehlt sich ebenfalls ein Studium der Webauftritte einiger Unternehmen der Branche. Nicht nur als Ansatz im Bereich der Wettbewerbsanalyse, sondern auch als Möglichkeit zur Recherche von Branchenthemen bieten sich Herstellerseiten an. In Zeiten des Content-Marketings ist es geboten, redaktionelle Inhalte zu liefern, die häufig über die Darstellung des eigenen Produktportfolios hinausgehen.

Liste möglicher Quellen der Sekundärforschung
Warum nicht gleich die globale Marktstudie für 4.500 USD kaufen?
Warum diesen Aufwand betreiben, wenn man umfangreiche Studien auch einfach extern beziehen kann? Im Rahmen der Recherche wird man recht schnell auf Angebote von diversen Unternehmen treffen, die vermeintlich detaillierte Studien zu den exakt eingegebenen Keywords anbieten. Gemessen an den Disclaimern hat sich in Indien mittlerweile eine regelrechte Industrie bezüglich der Erstellung solcher Market Reports gebildet.
Um es klar zu sagen – es wird hier wie auch woanders sicherlich seriöse Angebote geben, die das Investment wert sind!
Ich persönlich habe mich aus verschiedenen Gründen jedoch bisher gescheut, in solche Studien zu investieren. Zum einen irritiert mich, dass die Inhaltsverzeichnisse der Analysen oft fast identisch sind – und dies unabhängig vom Anbieter. Zweitens behagt mir die Preisgestaltung nicht, die häufig im Mittel bei 4.500 USD liegt, wobei Abweichungen von 50% in jede Richtung möglich sind. Manchmal poppt dann beim Verweilen auf der Seite auch direkt ein Chat-Bot auf, der sich erkundigt, ob man nicht an einem Report „with special discount“ interessiert ist. Drittens hätte ich bisher Interesse an Daten gehabt, die nur einen Teil Europas (z.B. DACH und BeNe) betreffen, dafür aber Länderdaten ausweisen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis kippt somit für eine globale Studie, die Kontinente beinhaltet, die nicht von Interesse sind. Ähnliches gilt auch für von der eigenen Organisationsstruktur abweichende Länderaggregate wie im etwa West-Europa.
Lange Rede, kurzer Sinn – ich empfehle unbedingt Auszüge der Studie vor Beauftragung anzufordern und ansonsten wie bei anderen kostspieligen Investitionen mehrere Anbieter zu testen und zu vergleichen. Gegebenenfalls kann man sich auch per Videokonferenz durch einen Report führen lassen. Von einer Bestellung mittels weniger Klicks nur aufgrund eines Inhaltsverzeichnisses und eines kurzen Auszugs auf der Webseite rate ich dagegen ab.
Google Alerts – Branchen- und Wettbewerbsnewsletter selbst erstellen
Keine Quelle aber ein sinnvolles Werkzeug ist für mich der Service „Google Alerts“. Dieser ist überraschenderweise wenig bekannt bzw. seltener im Einsatz als man annehmen sollte. Dabei handelt es sich um ein einfaches Instrument, mit dem man sich periodisch einen Newsletter aufgrund selbst gewählter Keywords zusenden lassen kann.
Voraussetzung ist einzig ein Gmail-Konto, was aufgrund Kostenfreiheit keine Hürde darstellen sollte. Anschließend lassen sich Keywords wählen, zu denen Nachrichten per Mail zugesendet werden sollen. Wenige Klicks in den Optionen passen die Periodizität (ich empfehle „wöchentlich“), die Quellen oder die Sprache an. Eine Kurzanleitung findest Du in diesem Beitrag verlinkt, ansonsten hilft auch Google selbst weiter.
Da man Keywords unbegrenzt hinzufügen kann, lässt sich mit wenig Aufwand eine Art persönlicher Pressedienst für ausgewählte Wettbewerber, Branchen oder sonstige Informationen einrichten. Es gilt natürlich zu beachten, dass die Ergebnisse wie bei einer normalen Suche mittels Google aus den unterschiedlichsten Quellen stammen, d.h. die Verlässlichkeit der Quelle muss im Zweifel geprüft werden.
CRM & Co. – die eigenen Daten nutzen!
Weniger eine Frage der Verlässlichkeit, dafür meist eher eine Frage der Datendichte, ist der Zugriff auf interne Informationen, die im ERP- und CRM-System zu finden sind. Je nach Ausgestaltung und Pflegedisziplin kann das (hoffentlich) genutzte CRM-System wertvolle Informationen bereitstellen. Kunden und Interessenten einer Branche, Indikation bezüglich der Marktanteile von Wettbewerbern durch eine Lost-Order-Analyse, geäußerte Wünsche und Kritik in Besuchsberichten und Produktinteressen sind nur einige Informationen, die zum Verständnis des Marktes beitragen. Neben all den anderen Gründe wie beispielsweise der effizienten Besuchsvorbereitung, ist die zentrale Sammlung von „Market Intelligence“ ein wesentliches Argument für die Pflege von Lösungen im Bereich Customer-Relationship-Management.
Factsheets als Dokumentationsmöglichkeit
Umfangreiche Marktforschungsprojekte werden wie eingangs erwähnt meist in Form eines Abschlussberichtes inklusive Tabellenband und einer Präsentation dokumentiert. Grob skizziert beginnt der Aufbau mit der initialen Fragestellung, leitet dann zu den benutzten Quellen und Methodiken über. Dies schafft die notwendige Transparenz gegenüber Auftraggebern, die auch als vertrauensbildende Maßnahme zu verstehen ist. Den Hauptteil bilden die eigentlichen Erkenntnisse, die mit entsprechenden Daten unterfüttert werden. Das Fazit beantwortet die im Projekt definierten Fragestellungen. Eine einseitige Zusammenfassung („Management Summery“) kann insbesondere in Präsentation vorangestellt werden.
Bei kleineren, internen Projekten wird die Struktur ähnlich sein. Da wir im Produktmanagement und Marketing jedoch die Ergebnisse für verschiedenste Zwecke (Vertriebsunterlagen, Broschüren etc.) nutzen, macht es Sinn, sowohl Rohdaten als auch Zusammenfassungen zentral z.B. nach Branchen, Märkten oder ähnlichen Merkmalen abzulegen. Persönlich habe ich gerne mit Factsheets gearbeitet, die die wesentlichen Ergebnisse auf möglichst ein bis zwei Seiten zusammengefasst haben. Dies sind „lebende“ Dokumente und werden bei deutlichen Änderungen oder neuen Informationen entsprechend aktualisiert. Ein kurz skizziertes Beispiel ist verlinkt, natürlich sind hier den eigenen Vorlieben keinerlei Grenzen gesetzt. Es ist – wie immer – das richtig, was für das Team bzw. Dich funktioniert.

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