Vertriebserfolg – die richtige Verkaufslogik entscheidet!

Vor einigen Jahren hatte ich das Vergnügen, bei einem Projekt involviert zu sein, dass sich mit der Neuausrichtung des Vertriebs beschäftigte. Ziel war es, die Effizienz des (B2B-) Vertriebs zu steigern und ihn organisatorisch fit für die Zukunft zu machen. Man hatte festgestellt, dass sich die technologische Führerschaft nicht mehr im gewünschten Maße in der Profitabilität spiegelte. Ein wachsender Anteil des Projektgeschäftes mit entsprechenden Anforderungen an Zeit und Vertriebsressourcen belastete die Organisation zusätzlich, wobei Großprojekte für Margendruck sorgten. In diesem Rahmen habe ich das Beratungsunternehmen ProSales und dessen Philosophie bezüglich Vertriebslogiken kennengelernt. Das zugrundeliegende Konzept ist für mich auch heute noch richtungsweisend, wenn es um das Verständnis der Mechanismen im B2B-Vertrieb geht.

Evolution des Vertriebs

Im ersten Teil der Rubrik „Business-Bingo“ ist bereits die Evolution von Vertrieb und Marketing angesprochen worden. Wir haben festgestellt, dass sich der Verkäufermarkt vor allem seit den 80er-Jahren zu einem Käufermarkt entwickelt hat.

Zu Beginn dieser Evolution lag der Fokus klar auf der Produktion von Produkten, die mit einer klaren Nutzenargumentation vertrieben wurden. In der „Vor-Internet-Zeit“ steuerten Marketing und Vertrieb die Kundeninformation aktiv im Rahmen der eigenen Interessen. Der Kunde bekam die Informationen zugeführt, die aus Sicht des Herstellers zum Kaufabschluss notwendig waren. Instrumente und Aktivitäten wie etwa Kataloge, Leaflets und vor allem Kundenbesuche waren entsprechend ausgerichtet. Die Kundschaft war im Gegenzug bereit, nicht nur den Produktwert sondern auch die eingepreiste zusätzliche Informationsleistung zu bezahlen. Der Mechanismus der Verkaufsanbahnung war überschaubarer, während die Möglichkeiten der Informationsgewinnung begrenzter waren. Diejenigen, die sich an eine Zeit erinnern, in denen das persönliche Gespräch, der Brief/das Fax und das Telefonat die einzigen Kommunikationskanäle darstellten, wissen, wovon die Rede ist.

Die Globalisierung und insbesondere die flächige Verbreitung des Internets trugen dazu bei, dass sich dieser Mechanismus drehte. Die Anzahl der potenziellen Käufer und Anbieter explodierte, der Zugang zu ihnen und den bereitgestellten Informationen war direkt möglich.

Vergleichsportale, Anwenderberichte und Produktwertungen minimierten die Funktion von Marketing und Vertrieb als Informationsquelle erheblich. Gartner stellte 2019 heraus, dass mit 17% nur der kleinste Teil der Zeit im Einkaufsprozess auf den klassischen Vertriebsbesuch entfällt. Weitaus mehr Zeit wird mit der Eigenrecherche on- wie offline verbracht.

Dort wo das Produkt- und Serviceangebot vergleichbarer wird, ist ein anderes Differenzierungsmerkmal nötig. Der Kundennutzen rückte in den Blickpunkt. Später trat der Fokus auf die Kundenerfahrung an dessen Stelle. Heute ist es dementsprechend nicht mehr vordringliches Bestreben seitens des Vertriebs und Marketings, den Kunden zu informieren. Es ist vielmehr Ziel, eine positive Kundenerfahrung zu schaffen und Loyalität zu festigen. Der Kunde setzt ein wertiges Produkt, zielführende Beratung und wettbewerbsfähige Total Cost of Ownership (TCO) heute eigentlich bereits als Hygienefaktoren voraus.

Makrotrends im B2B-Vertrieb

ProSales betont zusätzlich weitere Makrotrends, die Einkaufs- und Verkaufsprozesse im B2B-Bereich nachhaltig beeinflussen.

Die zitierte Transparenz hinsichtlich des Warenangebots in Verbindung mit der Globalisierung hat einen „Hyper-Wettbewerb“ geschaffen. Ein Umfeld, in dem mittels weniger Klicks die Kontaktaufnahmen mit und die Ansicht des angebotenen Portfolios von Markteilnehmer eines jeden Kontinents möglich ist, ist durch Schnelllebigkeit gekennzeichnet. Eberhard von Kuenheims Aussage zur Bedeutung von Schnelligkeit hat nichts an Aktualität verloren:

„Wettbewerb ist mehr und mehr eine Frage richtiger Beherrschbarkeit von Zeit. Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen überholen die Langsamen.“

Eberhard von Kuenheim

Der Markt bestraft das Ignorieren von Marktentwicklungen und Käuferpräferenzen heute fast unmittelbar. Noch immer eindrucksvoll und aus Nokias Sicht tragisch, ist dies beispielhaft in der Entwicklung des Marktes für Mobiltelefone nachzuvollziehen. Diese Animation visualisiert die Entwicklung des Mobilfunkmarktes und somit auch den rasanten Niedergang des einstigen Vorzeigeunternehmens. Die vermeintliche Sicherheit des Marktführers verstellte den Blick für wesentliche Kundentrends. Nachlassende Innovationskraft und neue Akteure im Markt beschleunigten die Entwicklung in einigen wenigen Jahren.

Quelle: YouTube, Data is Beautiful

Zudem prägen Erfahrungen, die wir privat als Kunden machen, unsere Ansprüche im beruflichen Umfeld. So haben wir uns durch Amazon & Co nicht nur an Transparenz und simpelste Kaufabwicklung, sondern auch an eine erhöhte (Liefer-) Geschwindigkeit gewöhnt. Eine Lieferung, die nicht in wenigen Tagen erfolgt, senkt meist bereits die Attraktivität des jeweiligen Anbieters. Dieses Erleben hat sich längst auch im B2B-Bereich manifestiert. Hohe Ansprüche an Lieferzeiten und Liefertransparenz haben sich zum Standard entwickelt – sowohl privat wie beruflich.

Einkauf ist nicht gleich Einkauf

Neben den Makrotrends spielen jedoch Einkaufslogiken die wesentliche Rolle. Nicht alle Produkte und Dienstleistungen werden auf die gleiche Art und Weise – selbst in ein und demselben Unternehmen – beschafft. So wird beispielsweise der Einkauf der Büroartikel oder anderer vergleichsweise geringwertiger Güter im Tagesgeschäft quasi im Vorbeigehen erledigt. Die Beschaffung einer komplexen Automationslösung für die Produktion oder der Kauf eines CRM-Systems wird sich dagegen deutlich aufwendiger gestalten. Der entscheidende Unterschied ist nicht unbedingt in der Wertigkeit des Produktes/der Dienstleistung zu suchen, sondern sie ist vielmehr in ihrer Komplexität begründet.

„Komplexität definiert als Risiko und Aufwand aus Kundensicht, sofern ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Lösung beschafft wird.“

ProSales

Was ist mit dem Begriff „Komplexität“ in diesem Zusammenhang gemeint? Zum einen beschreibt der Begriff im Rahmen von Einkaufslogiken u.a. die Anzahl der Schnittstellen und Personen, die am Beschaffungsprozess beteiligt sind. Im Rahmen von Büroartikeln absolut überschaubar, bei der Einführung einer CRM-Lösung darf man dagegen mit Sicherheit u.a. mit Vertretern der IT, des Vertriebs, des Marketings oder anderen Fachabteilungen rechnen.

Ferner wird Komplexität durch den Aufwand und das Risiko bei Implementierung bestimmt. Die Installation einer CRM-Lösung wäre nicht nur für sich technisch aufwendig. Sie müsste ebenfalls an bestehende Strukturen wie etwa ein ERP-System angebunden werden. Höchstwahrscheinlich wären sogar innerbetriebliche Abläufe neu zu strukturieren und mit der Lösung abzustimmen. Datenbereinigung und Datenmigration, Anwenderschulung, Dokumentation etc. lassen die Tragweite der Entscheidung erkennen. Das Risiko eines solch komplexen Unterfangens ist groß. Ein „Go Live“, an dem Kernprozesse nicht wie erwartet ablaufen, wird zu erheblichen Herausforderungen im Tagesgeschäft führen.

Im Kundengespräch weisen einige wenige Aussagen dabei bereits auf empfundene Komplexität seitens des Kunden hin. Aussagen wie „dazu müssen wir uns erst nochmals intern kurzschließen“ oder „wir haben noch einige offene Punkte, die wir uns anschauen müssen“ wird jeder Vertriebler schonmal gehört haben. Und vielleicht ist manchmal das Desinteresse an einem persönlichen Besuch ein Ausdruck für auf Kundenseite eben nicht vorhandene Komplexität.

Entscheidend für den Vertriebserfolg ist, dass Verkaufslogiken unterschiedlichen Einkaufslogiken Rechnung tragen müssen!

Die drei wesentlichen Verkaufslogiken

ProSales unterscheidet zumindest drei Vertriebslogiken. Gemäß der zitierten Evolution des Vertriebs ist die älteste Logik diejenige, die nach wie vor allein auf das Produkt und dessen Eigenschaften abstellt. Auch heute sind wir häufig noch immer gewohnt, ein Verkaufsgespräch anhand der Produkteigenschaften bzw. der Kundenvorteile zu führen. Wir erläutern den Mehrwert eines Produktes oder einer Dienstleistung oder schildern schlicht die Vorteile gegenüber der momentanen Lösung. Dieser Ansatz wird seitens ProSales als „Traditional Sales“ bezeichnet. Der Vertrieb nimmt hier noch immer die tradierte Rolle des Informierenden war.

Produkte und Dienstleistungen, bei denen selbst Information oder Beratung nicht notwendig sind, können aufgrund der beschriebenen technischen Entwicklung heute bereits meist im Rahmen eines elektronischen Warenkorbs bezogen werden. Die genannten Büroartikel sind hierfür ein Beispiel. Die Komplexität im Sinne von Aufwand und Risiko aus Kundensicht ist gering, die Abwicklung kann wahrscheinlich sogar automatisiert werden. Diese Vertriebslogik wird auch als „Transactional Sales“ bezeichnet.

Ganz anders sieht dies bei den Produkten im Rahmen des „Complex Sales“ aus. Wie bei der CRM-Lösung sind diese Güter und Services mit erheblichem Aufwand und Risiko bei Beschaffung und Implementierung verbunden. Die Aufgabe des Vertriebs ist hier nicht auf Information reduziert, vielmehr hat er als Berater des Kunden zu agieren und hilft ihm, die Komplexität zu reduzieren. Dies stellt entsprechende Anforderungen an das Profil des Vertriebs. Es liegt auf der Hand, dass es nicht ausreicht, die eigenen Produkte zu kennen und erklären zu können. Zusätzlich muss der Account Manager auch das Geschäft des Kunden inklusive dessen Mechanismen verinnerlicht haben.

„Complex Sales“ ist keine Ausnahme. Wir erinnern uns, dass Kunden den Grad der Komplexität exklusiv beurteilen. Laut Erhebung Gartners schätzen demnach 77% der Befragten den letzten Einkaufsvorgang als komplex ein. Die Bedeutung dieses Themas für den Vertrieb liegt auf der Hand.

Was passiert, wenn sich Einkaufs- und Verkaufslogik unterscheiden?

Sollte der Verkaufsansatz nicht mit der vorliegenden Einkaufslogik korrespondieren, sinkt die Wahrscheinlichkeit des Geschäftsabschlusses signifikant. Die für den Einkauf von Büroartikeln zuständige Person wird bestenfalls irritiert sein, wenn wir versuchen, beratend die Mechanismen des Kundengeschäftes zu analysieren. Für diesen vergleichsweise einfachen Geschäftsfall wäre eine komplexe Verkaufslogik schlicht „too much“.

Die Einkaufsverantwortlichen im „Complex Sales“ fühlen sich dagegen mit ihren Herausforderungen allein gelassen, wenn der Verkaufskontakt nur über Produktmerkmale referiert. Sie werden mit Sicherheit einen Anbieter suchen und finden, der ihnen dabei hilft, die empfundenen Risiken auf ein Minimum zu reduzieren. Beim Verkaufspreis wird der Kunde die Beratung zudem honorieren, da ein Scheitern aus der Warte des Kunden immer teurer ist. D.h. die erwartete Beratung ist nicht nur Mindestanforderung, um überhaupt in Betracht zu kommen. Sondern sie wird die Abschlusschance deutlich erhöhen, selbst wenn das Konkurrenzangebot (mit unpassender Vertriebslogik) teurer ist. ProSales drückt es selbst noch drastischer aus:

„Successful B2B sales aren’t about the salesperson, they’re about sales management – how the sales operation is organized. “

ProSales

Bedeutung für die vertriebliche Realität

Was bedeutet dies nun für meine Vertriebsorganisation? Muss ich die komplette Organisation zu Beratern/-innen im Bereich „Complex Sales“ umschulen? Wie gehe ich im Rahmen von unterschiedlichsten Kundengruppen mit dem Thema um? ProSales hält es aus Gründen der Überforderung für riskant, wenn ein Unternehmen versucht, mehrere Vertriebslogiken parallel zu bedienen.

Ich bin hier tendenziell anderer Meinung.

Vertrieb trägt – zumindest in der Theorie – schon lange unterschiedlichen Kundengruppen und Einkaufsansätzen Rechnung. Was nach meinen Erfahrungen häufig eigentlich fehlt, ist eine Adaptierung an die durch die Makrotrends befeuerten Veränderung bzw. eine konsequente Umsetzung innerhalb der Organisation.

Ein Abgleich mit der bestehenden Organisation wird zeigen, dass eine parallele Umsetzung von Vertriebslogiken durchaus möglich ist. Entscheidend ist ein sauberes, prozessuales Set-Up und die konsequente Durchsetzung. Unternehmen geraten immer dann in Schwierigkeiten bei der Umsetzung, wenn sich die Vertriebslogiken im Tagesgeschäft wieder schleichend beginnen zu vermischen.

Auch hier hilft eine saubere Vorbereitung. Im Vorfeld sollten die Einkaufslogiken, mit denen das Unternehmen konfrontiert wird, aufgenommen werden. Bei welchen Projekten wünscht bzw. fordert der Kunde einen engen Austausch? Bei welchen Geschäften weiß der Kunden genau, was er will? Wo lehnt er Beratung ab? Bei diesen Geschäftsvorfällen empfiehlt sich eine Prüfung hinsichtlich E-Commerce. Wie klassifizieren wir Verkaufschancen im Vorfeld? Eine wichtige Frage, um unnötigen Aktionismus gerade im „Complex Sales“ zu vermeiden. Wenn sich Kunden im Vorfeld bereits on- und offline informieren (und eine Vorentscheidung treffen), haben sie dann auch einfach und unmittelbar Zugriff auf die Informationen unseres Angebots?

A-, B-, C-Kunden anders gedacht

Dass Vertriebsorganisationen eigentlich schon auf unterschiedliche Logiken zumindest grob vorbereitet sind, möchte ich an folgendem Gedanken etwas stärker herausarbeiten. Wir finden in den mit Abstand meisten Unternehmen sowohl einen Außendienst als auch Innendienst vor. Häufig besitzen Unternehmen zudem die Funktion des Key Account Managers, wenn nicht sogar ein Business Development Management, das nicht selten ebenfalls vertrieblich eingesetzt wird (worüber man streiten kann).

Traditionell sind diesen unterschiedlichen Vertriebspositionen entsprechende Kundengruppen im Sinne von A-, B- und C-Kunden zugeordnet. D.h. vertrieblich ist man bereits auf Diversität eingestellt. Knackpunkt ist, dass wir seit jeher Kundencluster noch immer nach der Kundengröße im Sinne seiner Bedeutung für das Geschäft bilden. Die Kennzahl, die wir hierfür traditionell noch immer nutzen, ist die Größe seines Umsatzbeitrags. Unabhängig davon, dass die Wertgröße „Umsatz“ als Produkt aus Preis und Menge eine eher diffuse Größe ist, abstrahiert dieser Ansatz vollkommen von der Einkaufslogik des Kunden.

Dies kann dazu führen, dass ein Unternehmen einem Kunden, der ein bedeutendes Umsatzniveau generiert, einen Key Account Manager zuordnet, obwohl der Einkaufsvorgang aus Kundensicht wenig komplex ist. Da keine Begleitung oder Beratung im engeren Sinne gefordert ist, wäre eine Betreuung remote durch die Innendienstorganisation gegebenenfalls sinnvoller, kosteneffizienter und vielleicht sogar näher am Kundenwunsch. Mitunter wäre sogar eine EDI-Anbindung zwecks Beschaffung mit wenigen gemeinsam abgestimmten Feedbackterminen aus Kundensicht die ideale Betreuungsform.

Während die Ausrichtung der Vertriebsorganisation nach Umsatzbeitrag der Logik des Unternehmens folgt, ist die Ausrichtung nach Einkaufslogiken dagegen absolut kundenzentriert.

„Verkaufsaktiver Innendienst“

In einigen Unternehmen trifft man in diesem Zusammenhang auch das Thema des „verkaufsaktiven Innendienstes“ an. Nicht selten besteht bei diesem Thema tatsächlich das Risiko, die Organisation zu überfordern. Es wird in dem Ansatz nicht nur oft von einer bestehenden Mannschaft eine neue Tätigkeit abverlangt, für die sie nicht zusammengestellt wurde. Vielmehr wird auch versucht, ein ähnliches Wissensniveau für alle Vertriebsfunktionen gleichermaßen zu etablieren. Grund ist die besagte Kundensegmentierung nach Umsatzgröße statt nach Einkaufs-/Vertriebslogik. Ein gleichmäßiges Wissenslevel scheint vor diesem Hintergrund somit auf dem ersten Blick Sinn zu machen. Mitunter übersieht man, dass hierfür gemessen am Beratungsbedarf des Kunden kein Grund besteht. Auch dieses Problem würde eine konsequente Ausrichtung anhand von Vertriebslogiken heilen.

Dies sind nur zwei Gedanken, die zeigen, dass es absolut sinnig ist, Einkaufs- und Vertriebslogiken in den Mittelpunkt zu stellen und ggfls. sogar zur Grundlage der Kundenklassifizierung zu machen.

Verkaufschancen im Vorfeld sauber bewerten

Wie beschrieben ist die Anforderung an Vertriebspersonal im Bereich „Complex Sales“ hoch, da nicht nur ein umfangreiches Produkt- und Branchenwissen, sondern auch Methodenkenntnisse im Sinne der Beratung aufgebaut werden müssen. Eine flächige Umsetzung wäre nur in Organisationen sinnvoll, die aufgrund ihres Geschäftsmodells mehrheitlich mit komplexen Einkaufslogiken konfrontiert werden (z.B. Unternehmensberatungen).

Für die meisten, die aufgrund des Portfolios mehrere Logiken bedienen (müssen), beispielsweise dort wo Standardprodukte (im Sinne von Commodities) und kundenspezifische Lösungen angeboten werden, sollte sich die Ausbildung auf eher wenige Personen konzentrieren. Damit diese jedoch ihrer Beratungsleistung in der limitierten Zeit nachkommen können, ist es notwendig, mögliche Verkaufschancen im Vorfeld sauber zu bewerten. Ohne die Gewissheit, dass ein Projekt umgesetzt wird, würde die eigentlich wichtige Begleitung des Kunden vertrieblichem Aktionismus gleichkommen.

Ist das Projekt abgesegnet und budgetiert? Wie sieht die Zeit- und Ressourcenplanung aus? Welche Stakeholder sind involviert? Beispiele für Fragen an den möglichen Auftraggeber, an deren Antworten sich recht früh bemessen lässt, ob es sich um ein konkretisiertes Beschaffungsprojekt oder ein Gedankenexperiment handelt. Die Intensität der Beratung wäre entsprechend zu justieren. Es kommt jedoch im Gegenteil häufig vor, dass bei recht unkonkreter Faktenlage bereits Maßnahmen intern angestoßen werden, die sich bei Nichtrealisierung des Projektes als vertan herausstellen. Schlimmer noch, dies setzt auch die Arbeitssilos von wichtigen Schnittstellen zu, denen somit Kapazitäten für echte Projekte fehlen.

Fazit

ProSales Ausführungen überzeugen – zumindest mich – hinsichtlich Makrotrends, Einkaufs- und Vertriebslogiken. Eigentlich ist schon lange klar, dass nicht alle Kunden gleich betreut werden können. Die vertriebliche Realität zeigt jedoch, dass man noch häufig auf tradierte Kundensegmentierungen und Patentrezepte in der Ansprache setzt. Um sich auch im Alltag mit Vertriebslogiken auseinanderzusetzen, bedarf es im ersten Schritt keiner Revolution. Eine Bestandsaufnahme der Einkaufslogiken und das Hinterfragen von etablierten Begriffen und Prozessen reicht bereits aus, um erste wichtige Schritte zu gehen. Was charakterisiert eigentlich Schlüsselkunden? Ist es „nur“ die Umsatzhöhe oder stellen wir hier tatsächlich einen erhöhten Beratungswunsch im Rahmen eines „Complex Sales“ fest? Eine Feinjustierung des Key Account Managments hinsichtlich Branchenkenntnisse und Beratungskompetenz sowie ein sauberer Prozess für die Qualifizierung von Leads und Opportunities bieten einen vergleichsweisen sanften Einstieg in die notwendige Neuausrichtung der Vertriebsorganisation. Wie so oft stellt sich der Erfolg jedoch nur ein, wenn die Umsetzung konsequent erfolgt.

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